Die Schlafqualität im Rhein-Main-Gebiet

Die Ergebnisse der NORAH-Schlafstudie zeigen erstmals detailliert, wie gut „schlafgesunde“ Menschen im Rhein-Main-Gebiet schlafen und wie sich der Fluglärm auf ihre Nachtruhe auswirkt.

Die ersten Schlafmessungen fanden 2011 statt, bevor das Verbot planmäßiger Flüge zwischen 23 und 5 Uhr in Kraft trat. Alle Teilnehmenden gingen zwischen 22 und 22.30 Uhr zu Bett und standen zwischen 6 und 6.30 Uhr auf. Die zweite Messphase folgte 2012. In diesem Jahr nahmen fast alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Vorjahres wieder teil. Zusätzlich untersuchte das NORAH-Team 2012 eine weitere Gruppe von Personen, die eine Stunde später, also zwischen 23 und 23.30 Uhr, zu Bett gingen und auch eine Stunde später aufstanden.

Der Vergleich beider Jahre erlaubte es dem NORAH-Team, einzuschätzen, wie sich die sechsstündige Flugpause auf den Schlaf der Anwohner auswirkte und ob es im zweiten Jahr für den Schlaf eine Rolle spielte, wann die Teilnehmenden zu Bett gingen und wieder aufstanden.

Frühschläfer profitieren von der Flugpause zwischen 23 und 5 Uhr

Aufgrund der geringeren Anzahl der Überflüge 2012 schliefen Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer, die zwischen 22 und 22.30 Uhr zu Bett gingen, im zweiten Jahr der Untersuchung besser. 2011 wachten sie im Schnitt 2,0 mal pro Nacht zum Zeitpunkt eines Überflugs zusätzlich auf („fluglärmassoziierte Aufwachreaktion“). 2012 hingegen wachten sie im Schnitt nur 0,8 mal pro Nacht zusätzlich durch Überflüge auf.

Spätschläfer erwachen häufiger

Die zweite Teilnehmergruppe im Jahr 2012, die zwischen 23 und 23.30 Uhr zu Bett ging und entsprechend eine Stunde später als die „Frühschläfer“ aufstehen wollte, wachte häufiger auf. Im Schnitt 1,9 Mal pro Nacht erlebten sie eine „fluglärmassoziierte Aufwachreaktion“, also eine Unterbrechung des Schlafs während eines Überfluges. Der Grund für den deutlichen Unterschied zwischen Früh- und Spätschläfern: Die Aufstehzeit der Spätschläfer lag etwa zwei Stunden nach Ende des Verbots planmäßiger Flüge. Dadurch waren die Menschen am frühen Morgen dem wieder einsetzenden Flugverkehr länger ausgesetzt.

Nicht jeder Überflug stört gleich stark

Die Grafik zeigt die Wahrscheinlichkeit, bei einem Überflug mit einem bestimmten Maximalschallpegel zu erwachen. Die Aufwachwahrscheinlichkeiten unterschieden sich 2011 und 2012 nicht signifikant. Das ist an der starken Überlappung der schraffierten „Vertrauensbereiche“ (Konfidenzintervalle) zu erkennen.


Der überwiegende Teil der Überflüge führte nicht zum Aufwachen. Das NORAH-Team wollte genauer wissen, ob manche Überflüge den Schlaf stärker stören als andere. Dazu analysierten sie unter anderem den Maximalschallpegel (Glossar), also die höchste Lautstärke jedes Überflugs, und die Uhrzeit. Sie fanden heraus, dass – wenig überraschend – lautere Überflüge häufiger zum Aufwachen führten. Allerdings spielte auch der Unterschied zwischen den allgemeinen Hintergrundgeräuschen und dem Maximalschallpegel des Überflugs eine Rolle: Waren die Hintergrundgeräusche lauter und der Unterschied zum Überfluglärm deshalb geringer, wachten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer seltener auf. Und auch die Uhrzeit spielt eine Rolle: Gegen Ende der Nacht, wenn der Schlafdruck nachließ, wachten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer leichter auf als zu Beginn der Nacht.

So schliefen die Teilnehmenden

Trotz der unterschiedlichen Lärmbelastung in den Jahren 2011 und 2012 konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler keine bedeutenden Unterschiede bei verschiedenen Schlafkenngrößen zwischen den beiden Jahren feststellen. Um möglichen Auswirkungen nächtlichen Fluglärms auf die Spur zu kommen, hatte das NORAH-Team unter anderem gemessen, wie lange die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nachts wachlagen und wie lange sie zum Einschlafen benötigten.

Bei keiner der untersuchten Schlafkenngrößen konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Jahren und Gruppen feststellen.

Wer den Flugverkehr eher kritisch sieht, schläft schlechter

Zudem befragte das NORAH-Team die Teilnehmenden, wie positiv oder negativ sie den Flugverkehr bewerteten und für wie notwendig sie ihn hielten. Die Antworten veränderten sich im Lauf der drei Untersuchungsjahre kaum. Allerdings konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in allen drei Jahren feststellen, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Schlaf der Teilnehmenden und ihrer Bewertung des Flugverkehrs gibt: Anwohner, die den Flughafen eher negativ beurteilten, brauchten länger, um einzuschlafen, verbrachten weniger Zeit im Tiefschlaf und lagen nachts länger wach.

Das Autoren-Team konnte aus den Daten allerdings keine Rückschlüsse auf Ursache und Wirkung ziehen: Die negative Einstellung könnte eine Folge des schlechten Schlafs sein – aber ebenso denkbar ist es, dass die negative Einstellung den Schlaf beeinträchtigt.

Körperliche Reaktionen auf Lärmveränderungen gemessen

Die Grafik zeigt die Wahrscheinlichkeit, bei einem Überflug mit einem bestimmten Maximalschallpegel mit erhöhtem Herzschlag und Körperbewegungen zu reagieren. Die Reaktionswahrscheinlichkeit war von 2011 auf 2012 gestiegen, 2013 dann wieder auf das Niveau von 2011 gesunken.


2013, im dritten Jahr der Untersuchung, setzten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine weniger aufwändige Messmethode mit nur zwei Elektroden ein: Sie erfasst, wie häufig die Teilnehmenden auf Überflüge körperlich reagieren – mit beschleunigtem Herzschlag und Körperbewegungen. Anders als bei den polysomnografischen Untersuchungen (Glossar) der Vorjahre konnten die Teilnehmer die zwei nötigen Elektroden abends allein befestigen. Auf diese Weise konnte das NORAH-Team mit gleichem Budget den Schlaf von deutlich mehr Personen messen als 2011 und 2012.

Die Ergebnisse zeigen, dass die körperlichen Reaktionen auf Überflüge von 2011 bis 2012 deutlich gestiegen sind: 2011 reagierten die Teilnehmenden auf 10,7 Prozent der nicht durch andere Geräusche gestörten Überflüge, 2012 auf 16,2 Prozent. 2013 lag der Anteil bei 13 Prozent, hatte also wieder abgenommen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schließen nicht aus, dass es sich bei diesem Verlauf um einen sogenannten Change Effekt handelt. So nennen Lärmwirkungsforscher es, wenn Menschen auf erwartete oder tatsächliche Lärmveränderungen wie zum Beispiel einen Flughafenausbau vorübergehend stärker reagieren.

Der Fachbegriff Aufwachreaktion

Die Schlafstudie hat in den Jahren 2011 und 2012 untersucht, wie wahrscheinlich es ist, dass die Probanden durch den Einfluss von Fluglärm eine sogenannte Aufwachreaktion zeigten. So bezeichnen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Wechsel von einem tieferen Schlafstadium entweder in den Wachzustand oder in das leichteste Schlafstadium.

Nicht nur Geräusche verursachen Aufwachreaktionen. Auch in ruhiger Umgebung wachen Schlafende mehrmals in der Nacht auf. In den meisten Fällen erinnern sie sich am Morgen nicht daran. Das NORAH-Team konnte in vorherigen Studien im Schlaflabor (Glossar) zeigen, dass sich Menschen in der Regel erst dann an Aufwachreaktionen erinnern, wenn diese länger als 90 Sekunden dauern.

NORAH Videos

Ergebnisse NORAH-Schlafstudie: Interview mit Dr. Uwe Müller.

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