Lärm: Modernes Alltagsphänomen mit vielfältigen Auswirkungen
International umfangreichste Lärmstudie NORAH läuft: Themenvorschlag zum Tag gegen Lärm am 30.04.2014
Am Mittwoch, 30. April, ist der 17. Internationale Tag gegen Lärm („International Noise Awareness Day“). Der Tag macht auf eine Problematik der modernen Wohlstandsgesellschaft aufmerksam, die in letzter Zeit an Brisanz zugenommen hat – vor allem in Deutschland, dem Land mit dem dichtesten Verkehrsnetz in Europa: Lärm, vor allem Verkehrslärm, ist unser ständiger Begleiter, insbesondere in Großstädten und in der Nähe von Flughäfen.
Verkehrslärm nimmt zu
Schon heute protestieren Anwohner des Frankfurter Flughafens fast jede Woche gegen den Flughafen („Montagsdemos“). Die Bewohner des Mittelrheintals wehren sich gegen Schienenlärm, und unzählige Bürgerbegehren richten sich gegen den Lärm von Autos, LKWs und Straßenbahnen in deutschen Städten.
Nach Zahlen des Bundesumweltministeriums wächst kein anderes Verkehrsmittel so stark wie der Luftverkehr: Die Zunahme lag in der EU zwischen 1990 und 2003 bei etwa 70 Prozent. Airbus erwartet bis 2025 einen weiteren Anstieg der Verkehrsleistung um 4,4 Prozent.*
„Konflikte rund um Verkehrslärm werden sich in Zukunft noch verschärfen“, glaubt Prof. Rainer Guski. Er ist Umwelt- und Kognitionspsychologe an der Ruhr-Universität Bochum und Leiter der Lärmwirkungsstudie NORAH.
Interessenskonflikte
Lärm stört viele Menschen. Eine Umfrage des Umweltbundesamts von 2012 ergab: 54 Prozent der Deutschen fühlen sich vom Straßenverkehrslärm belästigt, 34 Prozent vom Schienen- und 23 Prozent vom Flugverkehrslärm.* In den Urlaub fliegen und Auto fahren wollen trotzdem die meisten. Auch an die permanente Verfügbarkeit globaler Güter – die ohne Verkehr nicht möglich wäre – haben wir uns gewöhnt. Und nicht zuletzt schafft Verkehr Arbeitsplätze und trägt zur Wirtschaftskraft in Bund und Ländern bei.
*http://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/verkehrslaerm
Ab wann macht Lärm krank?
Abgesehen davon, dass Lärm – entsprechend dem diesjährigen Motto des Tages gegen Lärm – „Die Ruhe weg“ nimmt, kann er auf Dauer krank machen. Darauf weisen zahlreiche Studien hin. Anwohner berufen sich deshalb auf ihr Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Artikel 2, GG), dem wirtschaftliche Interessen unterzuordnen sind. Dass regelmäßiger Lärm in hohen Dosen krank machen kann, ist wissenschaftlich erwiesen. Doch viele Fragen bleiben offen: Wie stark erhöht ein bestimmter Lärmpegel das Risiko, krank zu werden? Wie wirken sich Veränderungen des Lärmpegels aus? Beeinflusst Lärm die Entwicklung von Kindern? „Die Auswirkungen von Lärm am Arbeitsplatz sind weitaus besser untersucht als die Effekte von Verkehrslärm im Alltag“, erklärt Prof. Rainer Guski. „Lärmwirkungen sind auch deshalb sehr schwer zu erforschen, weil Lärm immer eine subjektive Komponente hat. Nur den Schall können wir mit physikalischen Methoden messen, nicht aber das Lärmempfinden.“
Neue Lärmstudie soll weitere Erkenntnisse liefern
Eine gesellschaftliche Debatte über das brisante Thema Verkehrslärm braucht klare Fakten als Grundlage. Deshalb hat das Forum Flughafen und Region in Frankfurt im Jahr 2011 die Lärmwirkungsstudie NORAH (Noise-Related Annoyance, Cognition and Health) in Auftrag gegeben. NORAH ist international die bislang umfangreichste Studie zu den Auswirkungen des Lärms von Flug-, Schienen- und Straßenverkehr auf die Gesundheit und Lebensqualität der Bevölkerung. Die Ergebnisse der Studie, die ab Herbst 2014 schrittweise veröffentlicht werden, erwartet vor allem das Rhein-Main-Gebiet mit Spannung. Für die NORAH-Studie hat sich ein interdisziplinäres Forschungskonsortium zusammengetan: Die Wissenschaftler kommen aus den Fachgebieten Medizin, Psychologie, Sozialwissenschaft, Physik und Akustik. Sie führen insgesamt fünf Teilstudien zu verschiedenen Aspekten der Lärmwirkungsforschung durch.
Das „Lärmthermometer“, eine Infografik zum Thema Lärm, finden Sie hier (Quelle: Deutsche Gesellschaft für Akustik (DEGA e.V.), Broschüre „Lärm im Alltag“).
Wir vermitteln Ihnen gerne Prof. Rainer Guski als Interviewpartner.
Die NORAH-Studie
Die Lärmwirkungsstudie NORAH (Noise-Related Annoyance, Cognition and Health) ist international die bislang umfangreichste Studie zu den Auswirkungen des Lärms von Flug-, Schienen- und Straßenverkehr auf die Gesundheit und Lebensqualität der Bevölkerung. Im Forschungskonsortium von NORAH haben sich neun renommierte Forschungs- und Fachinstitutionen aus Medizin, Psychologie, Sozialwissenschaft, Akustik und Physik zusammengeschlossen. Die Untersuchungen werden vornehmlich im Rhein-Main-Gebiet sowie teilweise auch in den Regionen um die Flughäfen Berlin-Brandenburg, Köln/Bonn und Stuttgart durchgeführt.
Auftraggeber der NORAH-Studie ist die Umwelt- und Nachbarschaftshaus GmbH in Kelsterbach, eine Tochtergesellschaft des Landes Hessen. An der Finanzierung der Studie sind neben dem Land Hessen die Kommunen, Fraport, Luftverkehrsgesellschaften und das UNH beteiligt.
Weitere Informationen unter www.laermstudie.de.