Quellenvergleich: Der lauteste Lärm stört nicht am meisten

Verkehrslärm ist nicht gleich Verkehrslärm: Befahrene Straßen erzeugen eher ein ständiges „Rauschen“, während in den Pausen zwischen zwei Zügen oder Flugzeugen Stille herrschen kann. Aber auch der Lärm von Zügen und Flugzeugen unterscheidet sich – unter anderem dadurch, dass die Lautstärke eines vorbeifahrenden Zuges schneller ansteigt als das Geräusch eines vorüberfliegenden Flugzeugs. Um herauszufinden, wie stark sich die Menschen von den drei Verkehrsmitteln Auto, Zug und Flugzeug belästigt fühlen, führte das NORAH-Team 2012 eine Befragung bei 7.113 Personen im Rhein-Main-Gebiet durch, die nicht an den übrigen Befragungen teilgenommen hatten. Alle Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer gaben dabei anhand einer Skala von Eins bis Fünf an, wie stark sie der Straßenverkehrs-, Schienen- und Fluglärm zu Hause störte.

Dazu berechneten die NORAH-Akustiker für alle Teilnehmenden, wie viel Lärm aus welcher Lärmquelle an ihren Adressen zu hören war. Diese Werte setzten die Wissenschaftler mit den Antworten der Befragten in Zusammenhang.

Durch Fluglärm fühlten sich deutlich mehr Menschen „hoch belästigt“ (rot) als durch vergleichbar lauten Schienen- (hellblau) oder Straßenlärm (dunkelblau).



Das NORAH-Team fand heraus, dass die Befragten insbesondere auf Fluglärm anders reagieren als auf Schienen- und Straßenlärm: Selbst bei sehr hohen Dauerschallpegeln zwischen 70 und 80 Dezibel stieg die durchschnittliche Belästigung für den Straßen- und Schienenlärm nur wenig über den Skalenwert Drei („mittelmäßig belästigt“). Beim Fluglärm hingegen lag die durchschnittliche Belästigung bereits ab etwa 55 Dezibel beim Wert Vier – das heißt, die Befragten fühlten sich im Schnitt „stark belästigt“.

Kombinationslärm: Wenn mehr als eine Lärmart zu hören ist

Trafen zwei Verkehrslärmarten zusammen, fiel die Belästigung unterschiedlich aus: Zum Beispiel belästigte kombinierter Lärm von Flugzeugen und Zügen unabhängig vom messbaren Schallpegel stärker, wenn der Fluglärm dominant war.


Lange Zeit hat sich die Lärmwirkungsforschung damit beschäftigt, wie einzelne Lärmarten – also etwa Auto- oder Fluglärm – auf den Menschen wirken. Die NORAH-Studie geht noch einen Schritt weiter und versucht, die reale Lärmsituation vor Ort zu untersuchen: Im Alltag treffen an vielen Orten mehrere Verkehrslärmarten aufeinander. Zu den Geräuschen der vorbeifahrenden Autos gesellt sich der Lärm von Flugzeugen oder Zügen. Mit physikalischen Formeln kann man zwar berechnen, wie sich dadurch der Schallpegel verändert. Es war aber bislang ungeklärt, wie der so genannte Kombinationslärm auf den Menschen wirkt.

Deshalb befragte das NORAH-Team 2012 über 7.000 Menschen, an deren Wohnorten sowohl Fluglärm als auch entweder Schienen- oder Straßenlärm zu hören war. Das Vorgehen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: Sie fragten die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer, wie sehr sie sich durch den Fluglärm allein, durch den Schienen- bzw. Straßenlärm allein sowie durch die Kombination aus zwei Lärmquellen belästigt fühlten. Dabei achteten sie auch darauf, ob am Wohnort der Befragten beide Lärmarten gleich stark zu hören waren oder ob eine der beiden Lärmquellen dominierte. Anschließend verglichen sie die Antworten miteinander.

Sie fanden heraus, dass der Fluglärm einen besonders großen Einfluss auf die Belästigung hat. Das heißt: Wenn im Flughafenumfeld jemand Fluglärm sowie eine weitere Lärmquelle hört, steht der Grad der Belästigung unabhängig vom Schallpegel viel stärker mit dem Fluglärm in Zusammenhang als mit der anderen Lärmart. Die Folgerung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: Addiert man einfach nur den physikalisch messbaren Schallpegel aus zwei Verkehrslärmarten, besteht die Gefahr, dass man unterschätzt, wie stark sich die Menschen durch den kombinierten Lärm belästigt fühlen.

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Ergebnisse NORAH-Lebensqualitätsstudie: Interview mit Dipl.-Psych. Dirk Schreckenberg.

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